Pricing – na, wieder nicht den Wunschpreis durchgesetzt?

24.10.2018 Springer Professional
Onlineartikel – Springer Professional

„Ja, Sie haben gut reden“, sagen Verkäufer oft. Sie möchten den Kunden nicht verlieren und geben in Preisverhandlungen nach. Springer Professional-Gastautor Thorsten Michael Rau gibt Tipps, wie es besser geht.

Am Anfang jeder Verhandlung steht immer der Kopf! Seien Sie sich sicher, das beste Produkt oder die beste Leistung für den Erfolg des Kunden zu bieten. Auch wenn es dieses um die Ecke mit gleichen Konditionen gibt. Verkäufer sind diejenigen, die die Nase vorn haben. Die den Nutzen des Kunden hervorheben, die eine „Extrarunde“ laufen und auch außer der Reihe für den Kunden da sind. Sie bieten ihm das „Rundum-Sorglospaket und ein Kauferlebnis, weil sie den Kunden abholen aus seiner Angst, einen Fehler zu machen und weil er ihnen vertraut.

Wer hat die Macht?
Wer hat die Macht? Derjenige, der mehrere Alternativen hat. Kunden haben andere Anbieter und Verkäufer haben andere Kunden! Der Kunde braucht sie nicht, nur warum kauft er dann bisher bei ihnen? Tipp: Verkäufer sollten ihre Kontaktlisten durchschauen: wer hat nicht genutztes Potenzial, wer kauft nicht? Dagegen steht jetzt dieser eine Kunde. Als Verkäufer sagen Sie bei unverschämten Forderungen einfach „Nein“. Das gibt ein paar Sekunden Stille, dann vielleicht den Verlust des Auftrags und nun – jetzt gehen Sie raus, die Welt dreht sich immer noch. Also wer hat die Macht? Niemand in dieser Verhandlung, sonst könnten sich Verkäufer die ganze Vorbereitung sparen, den Aufwand und Kunden einfach eine Zahl mit Eckdaten mailen. Tipp: Für die Vorbereitung auf ein Verkaufsgespräch und Preisverhandlungen sollten Verkäufer stattdessen eine exzellente Vorbereitung durchführen. Sie sollten professionell im Auftritt, der Präsentation und der Rhetorik sein und das Verkaufsgespräch als sportlichen Wettbewerb sehen, den sie gewinnen werden, weil sie selbst und ihr Produkt einfach überzeugend sind. Nur so werden sie die nötige Begeisterung und Überzeugung erreichen.

Unrunde Preise nutzen
Verkäufer müssen Angebote oft schriftlich anfertigen. Da steht aus meiner Erfahrung oft nicht viel. Groß und ins Auge fallen der Preis, klein und unauffällig die Leistung, der Service oder was sie sonst noch bieten können. Stattdessen sollten sie ein emotionales Bild von ihrem Team zeichnen, verbunden mit einem kurzen Profil, warum ihr Unternehmen schon so lange Jahre auf dem Markt ist. Dazu sollten auch ein bis zwei Referenzkunden und viel Nutzen erwähnt werden, den der Kunde hat, wenn er kauft. Zwischendrin sollte dann unscheinbar der Preis stehen. Zum Beispiel: „Der Listenpreis beträgt 28867,- Euro, Ihnen bieten wir bis zum (Datum) 22114,- Euro.“ Dabei sind die Zahlen vom ersten Preis möglichst fünf bis neun und im Angebotspreis null bis vier. Denn mit dem ersten Preis setzen Sie einen so genannten Anker. Der kleinere Preis danach wirkt jetzt noch kleiner. Eine unrunde Zahl zeugt von einer genauen Kalkulation. Damit ist es selbsterklärend, wie er zustande gekommen ist.

Wie so oft wird in einer Verhandlung der Preis eine große Rolle spielen. Neben einer positiven Einstellung und einem überzeugendem Auftritt müssen Verkäufer in der Preisverhandlung rhetorische Fähigkeiten ins Spiel bringen. Sie müssen generell überzeugend reden. Ohne Konjunktive (hätte, würde, könnte, wäre, müsste) und ohne Weichmacher (eventuell, eigentlich, vielleicht). Klar und verbindlich in der Sache, weich und freundlich in der Art und im Umgang mit dem Kunden. Ein ganz wichtiger Punkt ist auch die Körpersprache. Auch wenn die Rhetorik gut ist, kann unsere Körpersprache Unsicherheiten verraten. Hier ist bei der Preisnennung besonders wichtig:

  • Augenkontakt herstellen
  • gerade aufrechte Haltung
  • ruhige oder keine Gestik
  • den Ton der Stimme nicht erhöhen oder leiser werden
  • Preiseinwände kontern

In den allermeisten Verhandlungen wird es dann zu Preiseinwänden des Kunden kommen. Darauf müssen Verkäufer gefasst und vor allem gut vorbereitet sein. Ein Kunde mit fairen Einwänden ist immer viel besser als ein Kunde der nichts sagt, da Verkäufer nicht darauf reagieren können. Sind diese Einwände fair, dann sind sie konkret auf etwas bezogen und vergleichen etwas miteinander. Ein typischer Einwand ist zum Beispiel: „Damit liegen sie 20 Prozent über dem Preis im Internet!“. In diesem Fall zeigen Verkäufer am besten Verständnis für den Einwand des Kunden und gehen sofort in die Argumentation über: „Gut, dass Sie das ansprechen, natürlich liegt der Preis etwas höher. Sie erhalten dafür eine große Ersparnis in Zeit und Ärger, weil ich Ihnen die Einweisung, Formalitäten, Beratung und eventuelle Reparaturen abnehme und für Sie erledige. Oder möchten Sie erst ein Paket packen und fünf Tage oder länger auf die Maschine verzichten?“

Grundsätzlich gibt es keinen Nachlass ohne ein bis zwei Runden Argumentation nach den Einwänden. Besonders gut hat sich dabei meine Variante: Verständnis – Nutzen – Nutzen – Negativszenario bei der Beantwortung bewährt. Das Negativszenario hänge ich gerne hinten an, weil Kunden sich oft nicht bewusst sind, was im Negativfall auf sie zukommt. Sollte der Kunde einen Vorwand oder einen unfairen Einwand nehmen, dann will er

  • entweder gar nicht wirklich kaufen,
  • nur meckern oder
  • hat sich in der Wortwahl vergriffen.

Hier ist folgende Rhetorik nützlich: Neutralisieren und offen hinterfragen. Einwand: „Sie sind aber teuer!“ Erwiderung: „Schade, dass Sie das denken. Was genau ist Ihnen denn zu teuer?“ Meistens wird der Einwand dann fair formuliert. Sollte der Kunde sich nach ein bis zwei Argumentationsrunden immer noch nicht entschieden haben oder das Geschäft droht zu platzen, dann habe ich eine vorher berechnete und geplante „Trophäe“ parat: „Also ich merke schon, Sie sind ein harter Verhandlungspartner und ich mache hier mal eine Ausnahme und gebe Ihnen noch … gratis dazu (oder zwei Prozent Skonto usw.). Haben Sie vorher um den Preis mit Argumenten gekämpft und hat der Kunde einen starken Eindruck von Ihnen und dem Produkt, nutzen Sie ganz am Schluss noch die Trophäe. Dann kann auch der Kunde das Gesicht wahren, hat seinen Erfolg und wird sehr oft einlenken. 

Ihr Thorsten Michael Rau – 24-10-2018